Segeln Lernen – ein 4-tägiger Schnupperkurs am Bodensee
Bodensee Segelschule BSM, Langenargen
02. – 05.Oktober 2021
Wollt ihr wissen wie es innen aussieht? Ausbildung zum Vorschoter unsere Aussicht in Richtung Bregenzer Wald
Mein langjähriger Wunsch wird endlich real! Wir haben uns bei einer Segelschule am Bodensee, direkt in Langenargen, nicht weit von Lindau zu einem Schnupperkurs angemeldet. Ein 4-Tages Kurs kostet 420 EUR. Danach sollen wir alle wichtigen Manöver kennengelernt haben. Mal sehen ob das klappt.
Entspannt laufen wir am ersten Tag bei Sonnenschein direkt vom Hotel zur Segelschule, gerade die Straße runter. Wir werden freundlich begrüßt und sehen die Teilnehmer des Kurses auf einer Tafel. Nur vier Namen und unser Segellehrer Marco. Der begrüßt uns ebenfalls gleich mit sehr lockerer Art, wir kriegen die Rettungswesten und auf auf geht´s zum Hafen, wo die Sportboote liegen. 7-Meter-Yachten, krass, darauf üben wir! Ich dachte, man startet mit Jollen, aber die großen Boote sind mir nicht unrecht, schließlich will ich ja später mal auf so einer großen Yacht fahren und nicht auf einer Jolle, also dann doch gleich richtig starten. Wir machen unsere Focus 650 startklar, was heißt das? Zunächst entfernen wir die Persenning vom Großmast, dann wird der Motor (6 PS) startklar gemacht mit einem „Totmann-Schlüssel“, der eine Art Sicherung ist und vom Steuermann eigentlich am Körper getragen werden soll. Mit einer Öse wird er am Motor eingehängt und am Seil befestigt. Dann wird der Motor ins Wasser gelassen und in den Leerlauf geschaltet. Man muss den Dieseltank entlüften, der unter dem Deck liegt. Dann drückt man den Joke sowie auf den grauen Startknopf in der Mitte und zieht die Anlassleine. Okay, gar nicht so easy, denke ich. Wir legen den Rückwärtsgang ein, lassen die Leinen los und fahren langsam rückwärts raus. Gesteuert wird mit der Pinne, die Richtung ist immer entgegengesetzt zur Ruderstellung. Wir verlassen den Hafen, holen die Fender rein, schmeißen sie in eine Aufbewahrung unter den Sitzbänken und los geht´s auf den See. Ziemlich viel Seegang und Wind, krass. Darauf muss ich mich erstmal einstellen, obwohl ich Wellen und Wind liebe und mir bisher eher selten übel wurde… Ich suche den Horizont und atme langsam ein und aus. So geht es…
Dann stellen wir das Boot in den Wind (also schaut das Bug (= Bootsspitze, wie ich gelernt habe), in Richtung, wo der Wind herkommt. Zuerst hievt man das Großsegel, das ist das große hintere Segel, das über dem Baum hängt, der aus dem Mast nach hinten herauskommt. Spannend was hier alles verbunden ist. Ich lerne das nie, schießt es mir durch den Kopf… Das Segel wird mit einem dünnen Kordel, das ganz links ist, gehoben. Dann gibt es noch ein Seil namens Dirk, das den Baum hält, wenn das Segel dies nicht tut, also das Segel unten sind. Die Dirk ist in unserem Boot rot-weiß und wird es wird gelockert oder gelöst. Daneben kommt das „Lazy Jack“, ein weiteres Seil, das logischerweise auch eine Funktion hat. Es muss auch gelockert werden und sorgt beim Bergen des Segels, das sich das Segel automatisch gleichmäßig um den Baum verteilt und im Lazy Bag verstaut werden kann (eine Persenning fürs Segel, das am Baum hängt).
Danach kommt das kleine vordere Segel dran, das heißt Vorsegel = Fock und die Rückholleine wird einfach nur aufgefiert = losgelassen, d.h. dass der Wind das Segel selbst hisst. Die Fock wird so automatisch in Lee (zur windabgewandten Seite) gestellt. Alles neue Wörter, viele Leinen (= Schoten), denen Funktion ich nicht kenne, wie soll ich mir das merken?
Der Verklicker ganz oben am Mast zeigt uns mit seiner Spitze, wo der Wind herkommt. Das kann ich mir gleich merken, schön und sehr praktisch. Wir nehmen Fahrt auf und richten uns am Wind auf. Der Wind kommt aus Richtung Osten. Wir starten mit einem Halbwindkurs, d.h. der Wind kommt von der linken Seite im 90 Grad Winkel auf uns zu. Sofort nehmen wir Geschwindigkeit auf. Mir wird es fast zu schnell, und ich wollte segeln lernen? Hoffentlich kein Fehler! Ich suche den Horizont und orientiere mich daran, es wird gleich besser. Ich atme tief durch und genieße die Fahrt. Unser Skipper gibt uns die Kommandos und erklärt mit viel Ruhe, was wir tun sollen und warum wir das so tun. Er erklärt es wirklich gut. Mit den schwarzen dicken Seilen, die links und rechts über dem Bug zu uns verlaufen, steuern wir das Vorsegel (die Fock). Wenn man so wie wir nach rechts gegen den Wind fahren will, sind beide Segel auf der rechten Seite (also auf Steuerbord). Will man noch weiter gegen den Wind fahren, nennt man das „Am-Wind-Kurs“, dann ist der Winkel zwischen Wind und Fahrtrichtung nur noch 45 %. Weiter gegen den Wind kann man nicht fahren (logisch). Schließlich fahren wir eine Wende. Wir steuern in den Wind rein (Kommando „Klar zur Wende“), der Steuermann drückt die Pinne von sich weg, die Vorschoter, die das vordere Segel bedienen, ziehen die Vorschot (die Leine) auf der linken Seite an, die rechte Seite wird locker gelassen und sind kurze Zeit direkt im Wind, es wird dabei ganz ruhig und nichts schlägt. Der Steuermann wechselt auf die andere Seite und sitzt dann wieder mit dem Rücken zum Wind (das nennt man dann die Luf-Seite), das Boot neigt sich auf die andere Seite und wir kreuzen weiter am Wind aber mit Kurs und auch den Segeln links vom Wind (Steuerbord). Klingt kompliziert, ist aber irgendwie auch ziemlich einfach zu verstehen und man sieht gleich die Wirkung. Puh, weitere Manöver erkläre ich hier lieber nicht. Es gibt noch die Halse, die mit einem Raumwindkurs eingeleitet wird und quasi Gegenteil der Wende ist, die Q-Wende (eine Dreiviertel-Umdrehung, die eine Halse erspart) und das Manöver „Mann über Bord“, wo eine Boje ins Meer geschmissen wird und dann versucht man, die mit der Q-Wende wieder aufzunehmen. Die ersten zwei Stunden sind anstrengend, sehr starker Seegang, viel Wind, aber die Fahrt macht viel Spaß und es ist toll, zu erfahren, wie das Boot im Wind reagiert. Mal sehen, was ich mir davon behalten kann. Es ist teilweise wie eine neue Fremdsprache zu erlernen. Was heißt zum Beispiel die Segel auffieren (= loslassen) und dichtmachen (=anziehen, festmachen)? Was heißt aufluven (= das Boot mehr in den Wind hängen, also den Winkel Wind/Boot kleiner machen) oder abfallen/ablassen (= den Winkel vergrößern und in den Halbwind-oder sogar Raumwindkurs reingehen, das Boot vom Wind wegsteuern, die Segel dabei ggfs. lockerer lassen und aufmachen).
Die Pause nach 3h ist mir sehr willkommen, es war schon ein bisschen anstrengend und so fahren wir nachdem wir die Segel reingeholt haben (zuerst das vordere Segel, dann das große Hauptsegel=Großschot) wieder mit dem Motor in den Hafen zurück. Das Boot befestigen wir an mit einer Klampe (eine Art Achterknoten) an den Spieren (das sind griffähnliche Befestigungen an den Seiten). Vorher natürlich kommen je 3 Fender wieder an die Außenflächen. Erstmal schauen, wo man sich an Land wieder stärken und ausruhen kann. Wir finden ein nettes Café mit Terrasse und Seeblick. Nachmittags gehen wir wieder an Bord und üben die gleichen Manöver. Es ist wirklich viel zu lernen, macht allerdings unglaublich viel Freude an der frischen Luft und man hat im Boot auch viel Bewegung. Unsere fünfköpfige Crew ergänzt sich gut. Neben unserem jungen Segellehrer Marco, Jörg und mir sind ein junger Schweizer und ein in Japan lebender Deutscher an Bord. Als Nachmittags die erste Flaute aufbaut, haben wir viel Gesprächsstoff. Unsere Fahrt wird allmählich langsamer, wir fallen auf 1-2 und schließlich nahezu auf Null Knoten. Nachmittags ist das nicht ungewöhnlich am Bodensee. Man kann nicht viel machen außer warten und hat Zeit ein paar Knoten zu üben. Dazu zählen der Achterknoten, den Palstek und Schotstek. Der zweite Tag zeigt, wie überraschend das Wetter sein kann. Es blitzt überall am See grell auf: wir haben eine Sturmwarnung. Unsere Segelschule wäre dann im Schadensfall nicht versichert und wir wollen auch keine Experimente machen. Stattdessen gehen wir über die Apfel- und Weinplantagen inlineskaten nach Wasserburg, dort gibt es eine schöne Burg am Wasser. Da es so richtig stürmisch ist, ist auch das Skaten eine Herausforderung. Am Montag ist Regen gemeldet, wir werden mit wasserdichten Segelanzügen ausgestattet und starten wieder. Das ist zwar ungemütlich, aber es gehört dazu. Mit richtiger Ausrüstung für mich daher auch kein Problem. Wir üben wieder die Halse, die Wende und bringen auch immer mal wieder etwas durcheinander. So direkt am Steuer zu sitzen, die Schot für das Großsegel in der einen Hand, die Pinne in der anderen und die richtigen Kommandos zu rufen, erfordert doch schon ein gewisses Training. Vom Manöver „Boje/Mann über Board“ sind wir noch weit entfernt. Dennoch genießen alle die weiteren Tage an Bord und sind entspannt. Ich bin froh, dass ich noch keine Prüfung machen muss, bin aber sehr stolz, den Einstieg in die Segelwelt geschafft zu haben. Ich habe Blut geleckt und werde weitere Segel-Gelegenheiten unbedingt nutzen.