Zwei Wochen sind nun vorbei, wir sind wieder gut zuhause angekommen. Wir fühlen uns großartig, voller Energie und guter Laune und auch voller Dankbarkeit, dass wir diesen Trip erleben durften. Ich bemerke einige Veränderungen, die ich festhalten und teilen möchte, da ich denke, dass es wichtig und interessant ist.

Nachhaltigkeit: Wir hatten während der Tour immer wieder so kleine bis größere Entbehrungen. So haben wir z.B. abends immer unsere Trikots per Hand auswaschen müssen, hatten manchmal Probleme, die Klamotten über Nacht in dem feuchten Klima wieder trocken zu kriegen, mussten manchmal leicht nasse Klamotten anziehen (oder schmutzige :-)). Alles nicht schlimm und gut handelbar. Aber wie mega bequem ist es doch, zuhause jederzeit waschen zu können und aus einem vollem Kleiderschrank zu leben. Das gleiche gilt für einen vollen Kühlschrank. Jederzeit im Supermarkt einkaufen zu können und abends die freie Auswahl zu haben, was man kocht. Während der Tour waren wir ja einmal auf einem Campingplatz, wo es keinen Supermarkt in der Nähe gab. Wir hatten zum Glück nette Nachbarn, die uns Dosensuppen geschenkt haben. Für mich ist hier entscheidend, sich bewusst zu machen, wie gut es uns hier geht, wie bequem wir leben und auch dass Ressourcen nicht immer unbegrenzt zur Verfügung stehen. Das heißt auch, die Klamotten nur zu waschen, wenn es nötig ist und Lebensmittel nicht zu verschwenden sondern gezielt einzukaufen und alles aufzuessen. Klingt vielleicht für manche blöd, aber für mich ist das wichtiger geworden.

Die Bedeutung von Familie und Freundschaften: Nach 9 Wochen „on the road“ kam ich erstmal total glücklich nach Hause und musste alle Eindrücke verarbeiten. Während der Tour habe ich meinen Freund, meine Freunde und meine Familie gar nicht so arg vermisst, schließlich war ich ja unterwegs, jeden Tag woanders und von morgens bis abends komplett beschäftigt, manchmal auch müde und erschöpft. Eure vielen Kommentare, Whatsup-Nachrichten und Mails waren schön und haben dazu geführt, dass wir uns nicht so alleine gefühlt haben. Aber jetzt, wo ich wieder da bin, fällt mir ganz extrem auf, wie schön es ist, wirklich alle wiederzusehen und viele persönliche Gespräche zu führen und gemeinsame Aktivitäten zu machen. Inzwischen habe ich schon viele meiner Freunde gesehen, aber leider einige noch nicht. Und jeder einzelne Freund*in ist mir so krass wichtig und wertvoll. Es ist gut, wieder daheim zu sein und alle wieder zu sehen. Das merkt man erst, wenn man mal länger weg war, glaube ich. Eine echt intensive Erfahrung für die ich sehr dankbar bin.

Ausrichtung auf die Zukunft: Das Jahr ohne Arbeit ist mega schön, ich kann das wirklich jedem nur empfehlen, mal ganz aus dem normalen Joballtag rauszugehen und eine gewisse Zeit, nicht zu arbeiten (muss ja nicht jeder ein ganzes Jahr machen :-)). Ich war gespannt, wie ich darauf reagiere, ohne den Druck jeden Morgen zu einer gewissen Zeit mit dem Job starten zu müssen. Wie ist das so, den ganzen Tag nur selbst zu entscheiden, was man tut (und nicht tut)? Wie ist es denn, wenn man genug Zeit hat, in genau die Länder zu reisen, die man spannend findet? Ich finde das mega schön und bin sehr glücklich über diese wertvolle Zeit. Allerdings stelle ich nach 7 Monaten ohne Beruf auch fest, dass ich mich darauf freue, wieder eine Aufgabe zu haben, die mir wichtig ist, mich ausgüllt und natürlich auch zur Bestreitung meines Lebensunterhaltes beiträgt. Ohne feste Einnahmen zu sein, ist zwar spannend aber auch ein komisches Gefühl und man muss das tatsächlich aushalten können. Ich kann das zwar, aber will es nur begrenzt lange und daher dürft ihr mir gerne die Daumen drücken, dass das aktuelle Jobangebot zustande kommt und ich zum 1.1.2023 wieder arbeiten darf.

Menschen: Während unserer Tour haben wir viele Menschen getroffen und hatten interessante Gespräche. Einige Personen werden mir besonders im Gedächtnisbleiben und ich möchte die Begegnungen ein wenig beschreiben und mir auch präsent behalten.

  1. Am dritten Tag unserer Reise hatten wir einen besonderen Zeltnachbarn. Eddie aus San Francisco reiste mit dem Fahrrad 3 Monate durch Frankreich und Spanien. Wir haben uns über unsere Fahrradtouren, die Ausrüstung etc. unterhalten, er hat u.a. gesagt, dass alles, was aus Deutschland kommt, eine sehr hohe Qualität hat und er es daher bevorzugt auswählt. So z.B. seine Kleidung oder sein Fahrradgangschaltung. Spannend, das von einem Amerikaner zu hören. Abends haben wir uns dann bei einem Rotwein weiter unterhalten und am nächsten Morgen hat er uns für einen Tag in Richtung Biarritz begleitet. Er war total lustig, offen und witzig und so hatten wir lustige und spannende Gespräche. Sein Reisetempo war deutlich langsamer als unseres, darum haben wir uns danach wieder getrennt.
  2. In Bordeaux hat uns Dilara, die Tochter einer Freundin von Liane eine spontane Stadtführung durch Bordeaux gegeben. Sie ist 17, absolviert nach dem Realschulabschluß ein Austauschjahr in Frankreich, kann inzwischen fast perfekt französisch sprechen und war sehr engagiert, uns diese tolle alte Stadt zu zeigen. Merci beaucoup, chere Dilara.
  3. Dann haben wir Besuch von meiner Freundin Birgit aus München bekommen. Sie war beruflich auf einem Kongress in Toulouse und radelte mit ihrem Gravelbike und 1-Frau-Zelt ca. 10 Tage mit uns entlang der französischen Atlantikküste bis in die Bretagne. Wir haben abends immer gemeinsam eingekauft und gekocht und eine Flasche Wein gedrittelt. Es war schön, mit ihr die gemeinsamen Tage zu verbringen.
  4. In Plymouth haben wir am ersten Tag in einem speziellen Fahrrad-Café den Rennradfahrer Jeff kennengelernt. Er hat für uns bei einer Fahrradwerkstatt angerufen und geregelt, dass Lianes Bike eine Schnellreparatur erhalten konnte. Da wir nicht wussten, wo die Werkstatt ist, haben er und sein Kumpel uns dorthin escortiert. Unsere Reise hat er dann auf Instagram und Strava begleitet. Was für eine spontane tolle Unterstützung.
  5. Im Pub am 2. Abend in England durften wir uns zu zwei englischen Pärchen an den Tisch setzen. Das Pub war Samstag Abends sehr gut besucht. Wir haben interessante Gespräche mit den Vieren geführt und danach Nummern ausgetauscht. Zoe ist auch begeisterte Radlerin und wollte viele Details wissen. Es kam heraus, dass Zoe und ihr Mann planten, am 31.7. ebenfalls in Edinbourgh zu sein und wir haben uns verabredet, uns dort wieder zu treffen. Das haben wir dann auch umgesetzt, die beiden haben uns gemeinsam mit ihrer Tochter am Campingplatz besucht und wir waren in einem schönen Café um Tee zu trinken und Scones zu essen.